Dies dokumentieren eindrucksvoll die Untersuchungsergebnisse der deutschlandweit durchgeführten Untersuchung „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD 2008). Und die Potenziale – insbesondere im Umland – scheinen durchaus noch nicht ausgeschöpft zu sein. Gezielte Ausbaumaßnahmen der ÖPNV- und Fahrradinfrastruktur im gesamten MVV-Verbundraum würden noch weitere Nachfragezuwächse erwarten lassen.
Der Anteil der mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten Wege ist mit 15 % im gesamten MVV-Raum bzw. 21 % innerhalb der Landeshauptstadt München deutlich überdurchschnittlich. Der Anteil der Wege aller Verkehrsarten des so genannten Umweltverbundes, also ÖPNV-Wege, Fahrradwege und Fußwege zusammen, liegt in der Landeshauptstadt München mit nahezu zwei Dritteln (63 %) und im gesamten MVV-Verbundgebiet mit mehr als der Hälfte (53 %) ebenfalls signifikant über dem bundesweiten Durchschnitt (43 %) und auch über dem Durchschnitt vergleichbarer verdichteter Regionen (39 %). In keinem anderen Verbundraum in Deutschland werden öffentliche Verkehrsmittel von der Bevölkerung so intensiv genutzt wie im MVV-Gebiet und in der Landeshauptstadt München.
Der Fahrradanteil ist mit 13 % im MVV-Verbundgebiet und 14 % in der Stadt München ebenfalls deutlich überdurchschnittlich und seit dem Jahr 2002 noch einmal deutlich angestiegen. Fahrradhochburgen sind die Stadtbezirke Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Maxvorstadt und Pasing-Obermenzing, wo der Fahrradanteil über 20 % liegt. Dieses Ergebnis zeigt, dass die vielfältigen Anstrengungen aller Beteiligten beim Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur, auch und ganz besonders in der Stadt München, sich nachhaltig im Mobilitätsverhalten der Bevölkerung niederschlagen. Entsprechend sind die Anteile des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) im Großraum München geringer als in vergleichbaren Regionen in Deutschland (siehe Abb. 1).
Dieses im überregionalen Vergleich deutlich ÖPNV-affinere Mobilitätsverhalten der Bevölkerung im MVV-Gebiet ist nicht zuletzt auch das Ergebnis der jahrzehntelangen Investitionen aller Beteiligten im MVV, der Verkehrsunternehmen, der Landeshauptstadt München, den MVV-Landkreisen und dem Freistaat Bayern, in einen leistungsfähigen, qualitativ hochwertigen öffentlichen Personennahverkehr. Das Fahrrad wird im Alltags- und Freizeitverkehr immer häufiger als Verkehrsmittel genutzt. Diese Entwicklung bestätigt die in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in München, die mit dem weiteren Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur und mit gezieltem Informations- und Marketingmanagement fortgeführt werden sollen.
Weitere wichtige Ergebnisse der Studie
Innerhalb der Landeshauptstadt München sind die ÖPNV-Anteile bei den Wegen umso höher, je zentraler der Startpunkt des jeweiligen Weges liegt: Innerhalb des Mittleren Ringes liegt der Anteil des ÖPNV bei diesen Wegen bei 26 %, nimmt man Fahrrad- und Fußwege hinzu, sind es 76 %, innerhalb des Münchner Altstadtringes beträgt der Anteil der ÖPNV-Wege, die ihren Startpunkt dort haben, 51 % und der Anteil des Umweltverbundes sogar 91 % (siehe Abb. 2). Bei Wegen, die innerhalb des Altstadtringes beginnen, beträgt der Autofahrer- und Mitfahreranteil also gerade mal 9 %!
Auch bei der Häufigkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel sind die Landeshauptstadt München und das MVV-Verbundgebiet Spitze: Über ein Drittel der Münchnerinnen und Münchner nutzen täglich die öffentlichen Verkehrsmittel im MVV (34 %). In den übrigen bundesdeutschen Kernstädten sind dies mit 24 % deutlich weniger.
In den MVV-Landkreisen ist die ÖPNV-Nutzung ebenfalls vergleichsweise überdurchschnittlich: In den verdichteten MVV-Landkreisen des Münchner Umlandes nutzen 17 % der Bevölkerung ab 14 Jahren den MVV täglich und weitere 17 % mindestens wöchentlich. Zum Vergleich: In den verdichteten Kreisen in Deutschland insgesamt nutzen lediglich 10 % der Bevölkerung ab 14 Jahren täglich den ÖPNV bzw. 8 % mindestens wöchentlich – die ÖPNV-Nutzung in den MVV-Landkreisen ist also deutlich höher als in vergleichbaren Gebieten des übrigen Bundesgebietes. In den eher ländlich strukturierten Landkreisen des MVV-Umlandes ist die ÖPNV-Nutzung zwar niedriger als in den verdichteten Landkreisen – hier wirken sich eher die Vorteile der Pkw-Nutzung aus –, aber ebenfalls deutlich höher als in den vergleichbaren Kreisen im bundesweiten Vergleich, was auch in diesen Regionen den vergleichsweise überdurchschnittlichen Angebotsstandard des ÖPNV mit einem leistungsfähigen S-Bahn-Angebot und einem guten MVV-Regionalbusnetz dokumentiert (siehe Abb. 3).
Unterscheidet man nach dem Zweck der Wege, ergeben sich in der Region die höchsten ÖPNV-Anteile beim Ausbildungsverkehr mit 36 %, dem Berufsverkehr mit 27 % und dienstlich oder beruflich bedingten Wegen mit 19 %. Die Anteile des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad, zu Fuß) sind besonders hoch im Ausbildungsverkehr mit 78 %, aber durchaus auch – wegen der vergleichsweise höheren Anteile der Fuß- und Fahrradwege – im Freizeit- und Einkaufsverkehr mit 58 bzw. 57 %. Die Anteile des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) sind am höchsten im Berufsverkehr mit 53 % und bei beruflich und dienstlich bedingten Wegen 73 %.
Ein weiteres Ergebnis bezieht die Autoverfügbarkeit, die Verkehrsmittelnutzung und die Erreichbarkeit der üblichen Ziele mit ein. Dabei ergeben sich als Verkehrsmittel-Nutzersegmente u. a. die Gruppen der
• ÖPNV-Stammkunden, die über einen Pkw verfügen und täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln im MVV unterwegs sind, mit einem Anteil von 16 % im MVV-Verbundgebiet,
• der ÖPNV-Gelegenheitskunden, die ebenfalls über einen Pkw verfügen, aber höchstens wöchentlich und mindestens monatlich im MVV-Verbundsystem fahren, mit einem Anteil von 37 % und der so genannten
• ÖPNV-Captives, die nicht über einen Pkw verfügen, deshalb auf den ÖPNV angewiesen sind und mindestens wöchentlich im MVV-System unterwegs sind, mit einem Anteil von 10 %.
Diese drei ÖPNV-Nutzergruppen zusammen haben einen Anteil von fast zwei Dritteln (63 %); im bundesweiten Vergleich ist dies nur etwa ein Drittel (35 % – davon ÖPNV-Stammkunden 7 %, ÖPNV-Gelegenheitskunden 20 % und ÖPNV-Captives 8 %).
Auch dieses Ergebnis zeigt eindrucksvoll, welche zentrale Rolle die öffentlichen Verkehrsmittel im Mobilitätsgeschehen im Großraum München spielen.
Knapp ein Drittel der Münchner Haushalte besitzt keinen Pkw, dieser Anteil entspricht exakt dem Durchschnitt der deutschen Kernstädte. Viele verzichten inzwischen aber ganz bewusst auf einen Pkw, weil sie entweder keinen Pkw brauchen (24 %) oder aus Umwelt- und Klimagründen bewusst auf einen Pkw verzichten (6 %). Diese Anteile sind im bundesweiten Vergleich wiederum überdurchschnittlich. Der Hauptgrund, weshalb in einem Haushalt kein Pkw vorhanden ist, ist aber nach wie vor das Kostenmotiv („zu teuer“: 50 %). Auch die Gesundheit oder das Alter werden noch als weiterer Verzichtsgrund genannt (15 %).
Schließlich wurden im Rahmen der Studie die CO2-Emissionen u. a. in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrtlängen in Kilometern und in Abhängigkeit des Anteils der täglichen Pkw-Fahrten bei den Verkehrsmittel-Nutzersegmenten ermittelt, um den so genannten „ökologischen Fußabdruck“ der Verkehrsmittel-Nutzer und Mobilitätsarten dokumentieren zu können. Dabei zeigt sich, wie erwartet, dass die Fahrradfahrer, ÖPNV-Captives und ÖPNV-Stammkunden wegen ihrer vergleichsweise geringeren Pkw-Nutzung am unteren Ende der Skala der CO2-Emissionen stehen, während die MIV-Stammkunden und das ÖPNV-Potenzial, die viel mit dem MIV und wenig bis gar nicht im ÖPNV unterwegs sind, vergleichsweise viel CO2 pro Tag und Person emittieren (siehe Abb. 4).
Dies sind die Ergebnisse der deutschlandweit durchgeführten Untersuchung „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD 2008), bei der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bundesweit rund 50.000 Haushalte zu ihrem alltäglichen Verkehrsverhalten gestreckt über zwölf Monate befragt wurden. Mit der Erhebung, Ausführung und Auswertung der Studie wurde das Bonner infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt e. V. (DLR), Berlin, beauftragt.
Für die Landeshauptstadt München und das MVV-Verbundgebiet wurde in einem gemeinschaftlich erteilten Auftrag der Stadt München und des MVV die Untersuchungsstichprobe auf insgesamt 5.895 Haushalte, entsprechend 13.136 Personen mit rund 42.000 berichteten Wegen ausgeweitet und eine gemeinsame Auswertung und Berichterstattung zu den erhobenen Ergebnissen vereinbart.
Die gesamten Ergebnisse für die Stadt München und den MVV-Verbundraum ergeben ein zuverlässiges Bild der Verkehrsmittelnutzung und der Motive und Einstellungen zur Mobilität im Großraum München. Die Kombination aus Stichtagsbefragung und generellen Fragen zur Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel liefert eine solide Grundlage für Hochrechnungen des Verkehrsgeschehens. Die Studie bietet zudem eine umfassende Datenbasis für die städtische und regionale Verkehrsplanung und die Vermarktung von Verkehrsleistungen.